Max Ernst Haefeli (1901–1976)

Geb. 25. Januar 1901 in Zürich, gest. 17. Juni 1976 in Herrliberg

Als Max Ernst Haefeli zusammen mit Werner M. Moser und Rudolf Steiger 1937 das Büro Haefeli Moser Steiger gründete, hatte er sich als Architekt und Möbeldesigner bereits einen Namen gemacht. Seine frühen Wohnbauten gehören mit zu den wichtigsten Zeugnissen des Neuen Bauens in der Schweiz. Er hatte ausserdem einen entscheidenden Anteil an fast allen Kollektivunternehmungen der Zürcher Architekturavantgarde.

Haefeli absolvierte von 1919 bis 1923 ein Studium der Architektur an der ETH Zürich. Zusammen mit seinen Studienfreunden Flora Crawford und Rudolf Steiger diplomierte er 1923 bei Karl Moser mit einem Entwurf für den Bahnhof Enge in Zürich. Anschliessend ging er nach Berlin, wo er im Büro von Otto Bartning eine Anstellung fand. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz arbeitete er 1924/25 im Büro seines Vaters Max Haefeli in Zürich (Pfleghard & Haefeli).

1925 eröffnete Haefeli in Zürich sein eigenes Büro. Im selben Jahr konnte er für seine Tante Maria Ritter in Erlenbach am Zürichsee sein erstes eigenes Haus realisieren. Das Haus steht mit Blick auf die Raumdisposition und die technischen Lösungen am Übergang zum Neuen Bauen. Das Wohnhaus und der rechtwinklig dazu angeordnete niedere Wirtschaftstrakt sind mit Steildächern gedeckt. Schiebeläden verschliessen die Fenster im Schlafgeschoss, Wohn- und Esszimmer gehen fliessend ineinander über, können aber mit einer Schiebewand abgetrennt werden.

Ab 1926 entwarf er zusammen mit Ernst Anton Kadler-Vögeli, dem Designer der Firma ag möbelfabrik horgenglarus, zahlreiche Typenmöbel. Diese fanden auch in der legendären Bücherstube an der Kirchgasse in Zürich Verwendung, die Haefeli für den Verleger Hans Girsberger 1926 eingerichtet hatte. Auch an den nun dicht aufeinanderfolgenden Ausstellungen des Schweizerischen Werkbundes war Haefeli regelmässig beteiligt, erstmals mit einem Stuhlentwurf bei der Schau Form ohne Ornament im Kunstgewerbemuseum Zürich 1927 (mit Kadler-Vögeli). Im selben Jahr leitete er die «Kollektivgruppe Schweizer Architekten zur Beteiligung an der Werkbundausstellung in Stuttgart», die in Ludwig Mies van der Rohes Appartementhaus in der Weißenhof-Siedlung sechs Musterwohnungen einrichtete.

Beim eingeladenen Wettbewerb für Musterhäuser an der Wasserwerkstrasse in Zürich (1927/28) erreichte er den 2. Preis hinter Hans Hofmann. Dass Haefelis konventionelleres Projekt zur Ausführung bestimmt wurde, führte zu einer Kontroverse. Die sogenannten Rotach-Häuser, die 1932 in dem Buch The International Style von Henry R. Hitchcock und Philip Johnson kritisch gewürdigt wurden, zählen wie das Haus Koellreuter (1931/32) und das Haus Baumann-Heberlein (1933/34, beide in Küsnacht) zu den meistpublizierten Beispielen des Neuen Bauens in der Schweiz.

1928 gehörte Haefeli zu den Gründungsmitgliedern der CIAM (Congrès Internationaux d’Architecture Moderne) in La Sarraz, in deren Zürcher Gruppe er sich bis 1933 aktiv engagierte. Diese Gruppe war mit Sigfried Giedion auch für zwei bedeutende Ausstellungen im Zürcher Kunstgewerbemuseum verantwortlich (Der neue Schulbau, 1932, und Das Bad heute und gestern, 1934/35). Im Freibad Allenmoos in Zürich, das Haefeli zusammen mit Werner M. Moser und dem Gartenarchitekten Gustav Ammann entwarf (1938/39), sind die in der zweiten Ausstellung definierten Anforderungen an ein modernes Volksbad exemplarisch umgesetzt worden. Viele Planer späterer Frei- und Strandbäder haben sich an diesem «Parkbad» orientiert, unter anderem Max Frisch bei seinem 1942 entworfenen, aber erst nach dem Krieg ausgeführten Freibad Letzi in Zürich.

Die bedeutendste Leistung der Zürcher CIAM-Gruppe war die Siedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen. Sie wurde in Zusammenarbeit mit den Basler Architekten Paul Artaria und Hans Schmidt von 1928 bis 1932 projektiert und realisiert. In die Bauzeit fiel auch die Gründung der Wohnbedarf AG in Zürich 1931 durch Giedion, Moser und Rudolf Graber, für die Haefeli zahlreiche Typenmöbel entwarf. Wegen der prekären Auftragslage war Haefeli in dieser Zeit auch als Lehrer für Konstruktion an der Gewerbeschule und an der Abendschule Juventus tätig.

1933, anlässlich des Wettbewerbs für den «Erweiterungsplan der Stadt Bern und ihrer Vororte», hatten Max Haefeli, Werner M. Moser und Rudolf Steiger erstmals als Dreiergruppe zusammengearbeitet (mit Carl Hubacher und Robert Winkler, 1. Preis ex aequo). Als sie 1936 den 1. Preis im Wettbewerb für das Kongresshaus Zürich gewannen, gründeten sie am 1. April 1937 die Bürogemeinschaft Haefeli Moser Steiger (HMS), die bis 1970 bestand und nach dem Tod von Moser unter dem Firmennamen Haefeli und Steiger bis 1975 weitergeführt wurde. In der kongenialen Zusammenarbeit der drei Freunde war Haefeli oft für die Konstruktion und Detaillierung zuständig und prägte damit die architektonische Handschrift des Büros ganz wesentlich. Davon zeugen heute etwa die äussere Gestaltung und die Interieurs des Kongresshauses (1937–1939), des Kantonsspitals Zürich (1942–1953) oder des Verwaltungsgebäudes der Eternit AG in Niederurnen (1954/55), das Haefeli zusammen mit Werner M. Moser entwarf. Wie seine Partner auch realisierte Haefeli während des Bestehens von HMS zahlreiche Häuser in Eigenregie, so etwa 1940/41 für den Toggenburger Industriellen Rudolf Heberlein und dessen amerikanische Frau ein grosszügiges Shingle-Style-Haus in Wattwil oder sein erstes Eigenheim in Herrliberg (1947/48), ein sorgfältig detailliertes Holzhaus, das mit seiner unprätentiösen Erscheinung viel über den Erbauer und Erstbewohner aussagt.

Bruno Maurer

Zitierweise: Bruno Maurer, Bestandsbeschrieb Max Ernst Haefeli, in: Website gta Archiv / ETH Zürich, Mai 2021, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/max-ernst-haefeli
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Bestand



Der Bestand Max Ernst Haefeli umfasst vereinzelte Pläne und Skizzen, Akten, Fotos und Fotoalben. Die Bauten Haefelis sind im Archiv des Büros Haefeli Moser Steiger (HMS-Archiv), dem Archiv der Werkbundsiedlung Neubühl, dem Nachlass Gustav Ammann, der Sammlung Edition Girsberger, der Fotosammlung des Schweizerischen Werkbunds und der Fotosammlung Fritz Maurer dokumentiert. Zu Haefelis Beteiligung in der Zürcher CIAM-Gruppe existieren im CIAM-Archiv Unterlagen. Des weiteren finden sich in verschiedenen Korrespondenzbeständen Briefe von Haefeli oder Erwähnungen Haefelis (Werner M. Moser, Alfred Roth, Sigfried Giedion, Hans Schmidt, Peter Steiger).


Ausgewählte Literatur



Eigene Schriften
  • Das Wohnungsbad (3 Aufsätze) und Ausstellung das Bad von heute und gestern, in: Ausstellung «Das Bad von heute und gestern. 12. April bis 26. Mai 1935», Zürich 1935 (Wegleitung des Kunstgewerbemuseums der Stadt Zürich 125), S. 24–28.
  • Erfahrung beim Bau von Schwimmbädern, in: Eternit im Hoch- und Tiefbau 59 (1958), S. 810–819.
  • Formgebung sanitärer Apparate, in: Werk 47 (1960), Nr. 11, S. 129–142.

Sekundärliteratur
  • Christoph von Tavel (Red.), Künstler-Lexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, Bd. 2, Frauenfeld 1963–1967.
  • Kunstgewerbemuseum der Stadt Zürich (Hg.), Um 1930 in Zürich – Neues Denken, Neues Wohnen, Neues Bauen, Zürich 1977.
  • Max Ernst Haefeli [Reden zur Abdankung von u. a. Benedikt Huber und Rudolf Steiger], [Herrliberg] 1977.
  • archithese 10 (1980), Nr. 2: Haefeli Moser Steiger.
  • Friederike Mehlau Wiebking, Arthur Rüegg und Ruggero Tropeano, Schweizer Typenmöbel 1925–1935. Sigfried Giedion und die Wohnbedarf AG, Zürich 1989.
  • Ueli Marbach und Arthur Rüegg, Werkbundsiedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen 1928–1932. Ihre Entstehung und Erneuerung, Zürich 1990.
  • J. Christoph Bürkle und Ruggero Tropeano, Die Rotach-Häuser. Ein Prototyp des Neuen Bauens in Zürich. «Die Musterhäuser an der Wasserwerkstrasse» von Max Ernst Haefeli, Zürich 1994.
  • J. Christoph Bürkle, Haefeli, Max Ernst / Haefeli, Moser, Steiger (HMS), in: Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hg.), Schweizer Architektenlexikon. 19./20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 1998, S. 246–248.
  • Arthur Rüegg (Hg.), Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 2002.
  • Sonja Hildebrand, Bruno Maurer und Werner Oechslin (Hg.), Haefeli Moser Steiger. Die Architekten der Schweizer Moderne, Zürich 2007 (mit Gesamtkatalog von Monika Isler und David Wyss).
  • Arthur Rüegg und Reto Gadola (Hg.), Kongresshaus Zürich 1937–1939. Moderne Raumkultur, Zürich 2007.