Paul Walter Tittel (1915–1999)

Geb. 17. Dezember 1915 in Zürich, gest. 31. Juli 1999 in Zumikon

Paul Tittel , Sohn des Zürcher Architekten Albert Tittel, studierte von 1936 bis 1940 an der Architekturabteilung der ETH Zürich bei Friedrich Hess, William Dunkel und Otto Rudolf Salvisberg. Einer seiner Kommilitonen war Max Frisch, der gleichzeitig eingeschrieben war. Sein Diplomprojekt bei Salvisberg wurde in der Schweizerischen Bauzeitung publiziert, und Tittel aufgrund seines bisherigen Werdegangs als «architektonisches Wunderkind» gerühmt (SBZ 1940, S. 184).

Die Zeit nach Abschluss des Studiums war geprägt von Wettbewerbsteilnahmen, die jedoch erfolglos blieben. Nach einer kurzen Anstellung im Büro von Leopold Boedecker in Zürich gründete er 1946 mit den Baslern Fritz Rickenbacher und Walter Baumann eine Architektengemeinschaft. Zusammen führten sie mehrere Bauten aus, darunter das Wohn- und Geschäftshaus Claraplatz in Basel (1948–1952). Auf Tittels Wunsch wurde die Architektengemeinschaft 1955 aufgelöst. Zwischen 1949 und 1953 realisierte Tittel in einer weiteren Architektengemeinschaft mit Hans Hochuli, C. Winteler und H. Wintsch insgesamt vier Projekte in der Stadt Zürich. Aus dieser Zusammenarbeit stammen die Mehrfamilienhäuser für die Bau- und Siedlungsgenossenschaft Vitasana in Zürich-Schwamendingen (1949–1951).

1949 hatte Tittel ein eigenes Büro in Zürich eröffnet, das er während seiner ganzen Karriere ohne Angestellte betrieb; alle Architektenleistungen, vom Entwurf bis zur Realisierung, erbrachte er allein. Tittel war Mitglied im Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und seit 1971 auch des Bundes Schweizer Architekten (BSA). Sein erster selbständiger Bau ist das Primarschulhaus Apfelbaumstrasse in Zürich-Oerlikon (1953–1956).

Tittels frühe Werke sowie die Bauten aus den Architektengemeinschaften stehen ganz in der Tradition der gemässigten Schweizer Moderne, die Tittel während seines Studiums vermittelt bekam. Die Internationalisierung der Schweizer Architektur in den 1950er Jahren manifestiert sich in seinem Entwurf für die Erweiterung der Töchterschule auf der Hohen Promenade in Zürich (1958–1969, seit 1975 Kantonsschule Stadelhofen), mit der ihm ein für die Zürcher Nachkriegsmoderne wichtiger und zeittypischen Bau gelungen ist. Der durch Atrien räumlich gegliederte Terrassenbau fügt sich organisch in den Hang über dem Bahnhof Stadelhofen.

Später zeichneten sich Tittels Entwürfe durch eine deutlich geradlinigere und einheitlichere Formensprache aus. Das PTT-Gebäude in Zürich-Hirslanden und das Kirchgemeindehaus Zürich-Wollishofen, beide von 1962 bis 1964 ausgeführt, bestechen durch ihre Sichtbetonästhetik. Beim Bürogebäude Robert Seyffer-Versand an der Fröbelstrasse in Zürich (1964–1966) wird der Ausdruck durch eine vorgehängte Glas-Metall-Fassade bestimmt. Die letzten Grossbauten hat Tittel in Rapperswil realisiert. Mit dem Hochhaus des Fernmelde-Gebäudes (1969–1976) setzte er einen neuen städtebaulichen Akzent, und mit dem Campus für das Interkantonale Technikum Rapperswil (1966–1973, heute Ostschweizer Fachhochschule) kreierte er einen neuen Ortsteil am Ufer der Obersees. Das Ensemble aus vier orthogonal ausgerichteten und unterschiedlich dimensionierten Volumen in Corten-Stahl gehört zu den Beispielen der Mies-van-der-Rohe-Rezeption in der Schweiz. Alle weiteren Etappen der Campus-Entwicklung knüpften an diesen auch architektonisch bedeutenden Gründungsbau an.
Tittels erfolgreiche Jahre fielen in die Zeit des Wirtschaftswachstums und des damit zusammenhängenden Baubooms. Mit der Ölkrise 1973 endet auch seine persönliche Entwurfstätigkeit. Danach führte er nur noch 1978 sein Eigenheim in Zumikon aus.

Christoph Stahel

Zitierweise: Christoph Stahel, Bestandsbeschrieb Paul Walter Tittel, in: Website gta Archiv / ETH Zürich, Oktober 2021, http://www.archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/paul-tittel
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Bestand


  • Pläne und Akten zu 110 Bauten und Entwürfen
  • Biografika
  • Einzeldokumente

Ausgewählte Literatur


  • «Architekten-Diplomarbeiten der E.T.H. 1940», in: Schweizerischen Bauzeitung 116 (1940), Heft 16, S. 181–184.
  • «Primarschulhaus Apfelbaumstrasse in Zürich», in: Bauen + Wohnen 10 (1956), Heft 11, S. 382–385.
  • Robert F. Barro, «Gut oder zeitgemäss?» [Verleihung von Auszeichnungen der Stadt Zürich für gute Bauten], in: Schweizerische Bauzeitung 83 (1965), Heft 46, S. 852–853, Tafeln 35–38.
  • «Erweiterungsbauten der Töchterschule IV auf der Hohen Promenade, Zürich. Architekt Paul W. Tittel SIA Zürich. Ingenieure: E. Ochsner und G. Spahn SIA Zürich. 1964–1966», in: Das Werk 56 (1969), Heft 7, S. 469–471.
  • «Auszeichnungen guter Bauten in Zürich», in: Schweizerische Bauzeitung 90 (1972), Heft 26, S. 607–608.
  • «Technikum Rapperswil (Schweiz). Paul W. Tittel, Zürich», in: Bauen + Wohnen 27 (1973), Heft 8, S. 322–325.
  • «Verwaltungs- und Betriebsgebäude. Paul W. Tittel, Kreistelefondirektion Rapperswil», in: Bauen + Wohnen 31 (1977), Heft 2–3, S. 56–58.